Im Nachgang der SFB Jahrestagung Sonderausgabe von New Media & Society zu „Digital Twinning” erschienen

Über die Triebkräfte der vierten industriellen Revolution

Digitale Zwillinge stehen für das techno-ideologische Paradigma unserer Zeit. Die neue Sonderausgabe befasst sich mit Praktiken, Theorien, Technologien und der Geschichte des „Digital Twinnings“ aus verschiedenen Disziplinen. Alle Beiträge sind frei zugänglich.

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Über die Sonderausgabe

Digitale Zwillinge sind derzeit die wichtigsten Treiber der vierten industriellen Revolution. Immer komplexere technische Produkte und Prozesse werden heute zunächst in der virtuellen Welt entwickelt und getestet, bevor sie in der „realen“ Welt zum Einsatz kommen. Zukünftige Artefakte und Praktiken werden zunächst als Softwaremodelle erstellt und als digitale Zwillinge simuliert. Die Verbreitung digitaler Zwillinge in Industrie und Forschung führt zu einem grundlegenden Paradigmenwechsel in den digitalen Medientechnologien. Das Digitale ist weder eine Echtzeit-Virtualisierung eines realen physischen Objekts noch ein völlig separates Objekt: Es ist viel mehr, denn es ermöglicht die Analyse zukünftiger Leistungen von Objekten, ohne dass diese Objekte physisch vorhanden sein müssen.

Digitale Zwillinge repräsentieren das techno-ideologische Paradigma unserer Zeit. Sie haben ihr eigenes Ethos im Kontext einer technokratischen Weltanschauung, die davon ausgeht, dass alles, was beobachtbar oder zumindest wahrnehmbar ist, auch zählbar, verantwortlich und berechenbar gemacht werden kann. Während sich das „Digital Twinning“ ursprünglich nur auf technische Systeme bezog, werden heute auch andere Parameter vorhergesagt, wie beispielsweise menschliche Bewegungsmuster und gelegentlich auch soziale Aspekte. Digitale Zwillinge sind somit symbolisch und paradigmatisch für eine technokratische Weltanschauung, die von der Überzeugung geprägt ist, dass alles berechnet und kontrolliert werden kann. Digitale Zwillinge sind technopolitische Artefakte oder vielmehr von einer Technoökologie geprägt, da sie zunehmend in institutionelle Entscheidungsprozesse eingebunden sind, die letztlich uns alle betreffen können. In diesem Zusammenhang entfalten digitale Zwillinge ihre wahre Macht.

 

Christoph Borbach, Wendy H.K. Chun und Tristan Thielmann nutzten diese Situation als Gelegenheit, um gemeinsam eine Sonderausgabe von New Media & Society zum Thema „Digital Twinning” herauszugeben. Die Sonderausgabe ist nun online verfügbar, wobei die meisten Beiträge frei zugänglich sind. Ihr gemeinsam verfasster Leitartikel „Making everything ac-count-able: The digital twinning paradigm” ist hier zu finden.

Diese Sonderausgabe enthält eine Reihe hervorragender und aufschlussreicher Beiträge von Autoren wie Louise Amoore, Jussi Parikka, Orit Halpern, John S. Seberger & Geoffrey C. Bowker, Oliver Dawkins & Rob Kitchin und vielen anderen. Insgesamt enthält die Ausgabe 14 Artikel, die sich mit Praktiken, Theorien, Technologien und der Geschichte des „Digital Twinning“ aus verschiedenen Disziplinen unter Verwendung unterschiedlicher Methoden befassen.

Einige der Beiträge stehen im Zusammenhang mit der Jahreskonferenz 2023 des SFB 1187 zum Thema „Digitale Zwillinge und Doppelgänger. Daten der Kooperation”.