SFB 1187 ›Medien der Kooperation‹ an der Universität Siegen

P05 - Soziale Interaktion im semi-automatisierten Straßenverkehr

Mitarbeitende:

N.N.

N.N.

 

Wie verändert die zunehmende Automatisierung des Fahrens die soziale Interaktion im teilautomatisierten Straßenverkehr, und wie eröffnet die Integration von sensorgesteuerten Medien neue Möglichkeiten, solche Interaktionen zu verstehen, zu gestalten und zu bewerten? Der einzigartige Fokus unseres Ansatzes liegt darin, dass Interaktion als kooperative Realität zwischen allen Verkehrsteilnehmern, Fahrzeugen, Sensoren und ihrer Umgebung betrachtet wird.

 


 

Zusammenfassung

Der Straßenverkehr ist eine soziale Situation, in der die Teilnehmenden intensiv miteinander kommunizieren und interagieren. Ihr Verhalten wirkt sich daher nicht nur auf sie selbst, sondern auch auf andere Verkehrsteilnehmende wie Autofahrer*innen, Radfahrer*innen oder Fußgänger*innen aus. Mit der zunehmenden Automatisierung des Fahrens und der Delegation von Fahraufgaben an Fahrzeuge werden sich die Interaktionen zwischen den Verkehrsteilnehmenden ebenfalls grundlegend ändern: sie werden kooperativ zwischen Fahrzeugen, Umgebungen, Verkehrsteilnehmer*innen, involvierten Technologien und Praktiken erzeugt.

Aufgrund der schrittweisen Automatisierung des Fahrens werden die Straßen in naher Zukunft aus einer Mischung aus nicht-, semi- und hochautomatisierten Fahrzeugen mit unterschiedlichen Sensortechnologien und Fähigkeiten bestehen. Je nach Automatisierungsniveau der Fahrzeuge wird das Engagement ihrer Fahrer*innen bei der Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmenden variieren, was bedeutet, dass statt zunehmend Menschen mit Maschinen kommunizieren müssen. Dies erfordert neue Formen der Interaktion zwischen Verkehrsteilnehmenden in gemischten Verkehrssituationen (z. B. (nicht)automatisierte Fahrzeuge, Fußgänger*innen oder Radfahrer*innen). Neben der Automatisierung des Fahrens haben die Fortschritte bei den fahrzeuginternen und tragbaren Sensortechnologien die Möglichkeit von Ad-hoc-Kommunikationsverbindungen zwischen Fahrzeugen und anderen Verkehrsteilnehmenden (vehicle-to-anything) eröffnet. So rückte die Kommunikation und Interaktion zwischen automatisierten Fahrzeugen und anderen Verkehrsteilnehmenden durch den Einsatz neuer sensorischer Technologien zunehmend in den Fokus der Human Computer Interaction. Die bisher entwickelten Ansätze befassen sich jedoch hauptsächlich mit der Effektivität der Kommunikation zwischen Verkehrsteilnehmenden (d. h. dem Verstehen und Übermitteln von Absichten).

Über die sozialen Folgen solcher Formen der Interaktion ist weniger bekannt. Die Frage, wie Interaktion kooperativ und situiert vollzogen werden kann, wie sie das Zusammenspiel zwischen menschlichem und technischem Sensorium rekonfiguriert und wie ihre spezifische Situiertheit im unübersichtlichen Straßenverkehr in the wild mitgedacht werden kann, bleibt ein Forschungsdesiderat.

Dieses Projekt untersucht daher, wie die zunehmende Automatisierung des Fahrens die soziale Interaktion im Straßenverkehr verändert und wie die Integration sensorischer Medien neue Möglichkeiten eröffnet, solche Interaktionen zu verstehen, zu gestalten und zu bewerten. Wir werden die Integration multimodaler Sensorik, einschließlich fahrzeuginterner Sensoren und Wearables, bei der Gestaltung und Bewertung hochautomatisierter Verkehrssituationen in the wild mit verschiedenen Verkehrsteilnehmenden und einem breiten Spektrum an Automatisierung untersuchen. Wie werden Verkehrssituationen von Fahrer*innen, Fahrzeugen und anderen Verkehrsteilnehmenden wahrgenommen und wie können Sensoren genutzt werden, um die Interaktion und das Aushandeln komplexer Verkehrssituationen zu gestalten? Das Projekt konzentriert sich insbesondere auf die heterogenen Bewertungskriterien der Interaktion im Straßenverkehr und zielt darauf ab, Verhaltensweisen im Verkehr zu identifizieren, die als ‚prosozial‘ wahrgenommen werden und das Wohlbefinden aller Verkehrsteilnehmer*innen fördern, um einen sicheren und harmonischen Verkehr zu erreichen.

Das beantragte Teilprojekt verortet sich an der Schnittstelle von Ubiquitous Computing und Mensch-Maschine-Interaktionsforschung und verfolgt sein zentrales Projektziel über ein mehrstufiges Forschungsdesign: Erstens werden unter Verwendung von Daten, die mit multimodaler Sensorik gesammelt wurden, Elemente identifiziert, die ein Verhalten in gemischten Verkehrsszenarien als ‚prosozial‘ definieren, wobei die Zusammenarbeit zwischen menschlicher Kognition und technischer Sensorik auf methodischer Ebene genutzt wird. Zweitens werden neue Formen der Kommunikation zwischen Verkehrsteilnehmenden unter Verwendung von Sensortechnologien erforscht, indem ermittelt wird, welche Informationen in welchen Situationen benötigt werden und wie Technologien auf eine integrative und zugängliche Weise gestaltet werden können. Drittens werden Interaktionskonzepte für die Vermittlung und Zusammenarbeit zwischen Menschen und automatisierten Fahrzeugen definiert, die Ebenen der a) Kommunikation zwischen Verkehrsteilnehmenden, b) Einschätzung der Zuverlässigkeit der verarbeiteten Informationen, c) Unterscheidung von Fällen der Umgehung und Verfälschung und d) Einhaltung individueller und sozialer Normen und Werte umfassen. Schließlich wird eine Testumgebung samt dazugehöriger Methoden entwickelt, um die soziale Interaktion in heterogenen Verkehrsszenarien durch eine Reihe konsequenter Labor- und Feldstudien mit quantitativen und qualitativen Methoden zu untersuchen. Basierend auf den vorherigen Ergebnissen der durchgeführten Studien wird schließlich ein Leitfaden für die Entwicklung interaktiver Technologien für ‚prosoziales‘ Verhalten im Straßenverkehr erstellt.

 

The project endeavors to gain understanding of social interaction situations and collaboratively shape them, following two goals:

  1. A deeper understanding of prosocial behavior in semi-automated traffic
  2. Exploration of new communication possibilities between all road users, with the help of sensor technologies
  3. Definition of interaction concepts for negotiation and cooperation between humans and automated vehicles
  4. Creation of a testbed and corresponding methods for the investigation of social interaction in mixed traffic scenarios
  5. Development of guidelines for the design of interactive sensor technologies for prosocial traffic behavior
Cooperation and interaction betwenn traffic participants (© vimeo.com/99160686)
Cooperation and interaction betwenn traffic participants
(© vimeo.com/99160686)

We use photo and video diary methods (Brandt et al., 2007) to collect scenarios of social traffic interactions from daily commuting.

The collected data are analyzed using qualitative methods such as grounded theory and emergent coding (Bryant & Charmaz, 2008) or a priori coding (Lazar, 2017).

The evaluation of our interaction concepts will mainly be done through simulation studies (Hock et al., 2018), and will be conducted using virtual reality and methods such as Wizard of Oz (Dow et al., 2005).

Both include qualitative and quantitative data collection methods.

Communication cues with autonomous vehicles (© Löcken et al. 2019)
Communication cues with autonomous vehicles
(© Löcken et al. 2019)

WP1: Understanding prosocial behavior

WP2: Exploring the design space for technologies to improve social interaction in future traffic

WP3: Participatory co-design and development of concepts for social interaction in mixed traffic

WP4: Evaluation and validation

Timetable of the work program
Timetable of the work program

 

Publikationen

Aktuell