Prof. Dr. Claudia Mareis
Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel / FHNW
Brainstorming: Zur kollaborativen Ideenproduktion in der Gruppe
Systematisierte Kreativitäts- und Ideenfindungsmethoden wie morphologische Tabellen, Brainstorming oder Synektik erlebten in der Nachkriegszeit parallel zum Aufkommen der US-amerikanischen Kreativitätspyschologie und der Designmethodologie eine bemerkenswerte Konjunktur. Bezeichnend für diese Methoden ist, dass sie unterschiedliche Medien- und Innovationspraktiken aus der Wissenschaft, Industrie, Ökonomie und Gesellschaftspolitik miteinander verzahnen. Darüberhinaus lassen sich an ihnen auch soziotechnische Bemühungen nachzeichnen, die systematische Produktion von Ideen und Erfindungen in den Dienst nationaler militärischer und wirtschaftlicher Interessen zu stellen.
Der Vortrag wird in diesem Zusammenhang die Methode des Brainstormings vertieft behandeln. Diese Methode, die in den 1950er- und -60er-Jahren durch Publikationen des US-amerikanischen Werbefachmanns Alex F. Osborn enorme Popularität erlangte, sieht vor, dass Ideen kollektiv in einer moderierten Kleingruppe erzeugt werden. Wie gezeigt werden kann, ist die Brainstorming-Methode aber keineswegs nur als eine ›Erfindung‹ der Werbebranche jener Zeit zu sehen. Vielmehr schließt sie an frühere militärisch-staatliche Bestrebungen aus der Kriegszeit an, Ideen als Teil der heimischen Kriegsproduktion systematisch zu befördern. Schliesslich spiegelt die Methode auch Ansätze und Erkenntnisse aus der Industriepsychologie und Gruppenforschung der 1920er- bis 1940er-Jahre wider. Die Kleingruppe wurde als Miniaturmodell der Gesellschaft gesehen und ein Ziel der kollaborativen kreativitätstechnischen Praxis war es, die Performanz der Gruppe im Sinne eines »democratic social engineering« (Graebner) zu optimieren.
Venue
Campus Am Herrengarten
Raum AH 228
Am Herrengarten 3
57072 Siegen